Donnerstag, 16. Dezember 2010

Von der Kunst kleine Momente groß wirken zu lassen



Von der Kunst kleine Momente groß wirken zu lassen

Vereinsmeisterschaften 2010 SV Weser Bremen
Ein Bericht für die Vereinszeitung "Bahn Acht"

Von Stefan Köhler – Holle

Ich kämpfe mich mit meiner Tasse Kaffee durch drei Sporttaschen, diversen Badeanzügen die überall herum hängen und auf dem Boden liegen. Als ich über ein paar Badelatschen stolpere plürt etwas Kaffee über den Tassenrand. Um mich herum drei aufgeregt wirkende Mädchen und Frauen. Fenja fragt zum vierten Mal, wo sie noch einen dritten Badeanzug findet und ob sie sich eine frische Unterhose einpacken soll. Jantje zählt zum dritten Mal auf was sie schon alles eingepackt hat und ich stolpere zum zweiten Mal über ihre Badelatschen. Ich mache mich mit dem Kaffee aus dem Staub. Mir ist das zu wuselig.

Zwei Stunden später treffe ich im Hallenbad West ein, wo heute die Vereinsmeisterschaften des SV Weser stattfinden. Die Besucherstühle sind schon zur Hälfte belegt oder durch Handtücher für nachfolgende besetzt gehalten. Überall herrscht lautes Gewusel. Im Wasserbecken ziehen ruhig einige Kinder, Jugendliche und Erwachsene ihre ersten Bahnen. Überall laufen Trainerinnen und Trainer mit irgendwelchen Listen umher. Für ihre Schützlinge haben sie immer ein offenes Ohr und unterbrechen in diesen Momenten ihre Betriebsamkeit. Der diesjährige Nikolaus begrüßt mich in Shorts und T-Shirt. Neben mir sitzt ein weiterer Vater. Gemeinsam fachsimpeln wir darüber, zu was unsere Kinder heute im Stande sind. Wir beschließen beide: „Viel!“ und widmen uns wieder dem bunten Treiben am Beckenrand. Immer wieder huschen Kinder und Jugendliche durch die Zuschauerreihen. Triefend nass bringen sie in die trockenen Zuschauerreihen Unruhe. Dabei wollen sie doch nur schnell den letzten Stand des Warming up weiter geben. Wir sitzen Gott sei Dank in der zweiten Reihe als ich eine Riesenfontäne Wasser aufspritzen sehe. Danach besonders große Unruhe in der ersten Reihe.

Pünktlich um Viertel nach zwei kommt aus dem quäkenden Lautsprecher die Begrüßung für alle Anwesenden und die Startblöcke werden für den „Ersten Start“ frei gegeben. Hier schwimmen die Kinder, die in dem Jahr schwimmen gelernt haben. Mit dabei meine Tochter Fenja, die unruhig auf ihren ersten Start wartet. Zwischendurch gibt es immer wieder beruhigendes Schulterklopfen von den aufmerksamen Trainerinnen und Trainern. Fenja wird zum Start gerufen. Bestimmt stellt sie sich an den Beckenrand und wartet auf das Startsignal. „Auf die Plätze .....“ und ein markerschütterndes Geräusch ist Zeichen zum Start. Fenja springt ins Becken und zieht ab. Ich traue meinen Augen nicht. Die geht ab wie eine Rakete. Kurz von dem Ziel sehe ich sie nicht. Jedoch ragt aus dem Wasser eine in die Luft gestreckte Faust. Fenjas Gesicht sehe ich jetzt auch. Sie strahlt über das ganze Geicht und zeigt mir ihre Siegerfaust. Sie war vielleicht nicht die schnellste. Aber das war in diesem Rennen nebensächlich. Sie kam zu mir, steckte mir ihre Hand zum „Gib 5!“ entgegen und meinte: „Ich habe es geschafft! Jetzt traue ich mir die Familienstaffel zu!“

Ganz anders meine Tochter Jantje beim 50 Meter Rückenschwimmen. Mindestens genauso aufgeregt wie Fenja, zupfte sie ständig an ihrem Badeanzug herum. Ruhig stehen konnte sie nicht. Es war eher ein Wippen von einem Fuß auf den anderen. Es war soweit. Sie wurde zum Start aufgerufen. Rein ins Wasser und los. Diese Ruhe die Jantje im Wasser hatte war beeindruckend. Die Zeit, die sie schwimmt, schien ihr gar nicht wichtig zu sein. Ruhig zog sie ihre Bahnen und zeigte einen absolut sauberen Schwimmstil. Am Ende der ersten Bahn lugte sie kurz zu mir hoch und ich vernahm ein Lächeln, bevor ich auf den Auslöser meiner Kamera gedrückt habe.

Ein großes Highlight war die Familienstaffel. Kinder, Eltern, Großeltern, geübte und ungeübte Schwimmer gemeinsam am Start. Angefeuert wurden sie alle, egal zu welchen Familienclan sie gehörten. Bei den Schwimmerinnen und Schwimmern war der Ehrgeiz merklich spürbar. Am Beckenrand wurden Tricks und Kniffe ausgetauscht und die eine oder andere Startreihenfolge in den Staffeln wurde noch mal verändert. Und eine Familie hat es sogar geschafft mit drei Generationen an den Start zu gehen. Wir haben den letzten Platz belegt. Doch von Traurigkeit bei Fenja und Jantje war nichts zu spüren. Zufrieden kamen sie nach Hause und Fenja hat den ganzen Familienfernsehabend den Familienstaffelpokal nicht mehr aus der Hand gegeben. Nachts hat sie ihn mit ins Bett genommen, wo er heute eine Woche später immer noch liegt.

Was diese Meisterschaften für mich als Vater so besonders gemacht haben, war das spürbare große und herzliche Engagement der Trainerinnen und Trainer. Einen besonderen Dank dafür. Sie hatten immer ein Gefühl dafür, kleine Momente groß wirken zu lassen, sei es „Der erste Start“ oder der erste Einzelstart eines langjährigen Übungsleiters. Der bekam einen großen Applaus und war so aufgeregt, dass er beim Fehlstart vergaß weiter zu schwimmen. Ich freue mich auf die Meisterschaften 2011 und wer weiß: vielleicht bin ich bis dahin in der Familienstaffel wieder dabei und Familie Holle geht mit drei Staffeln an den Start.





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